Geburt von Paulina

Der errechnete Geburtstermin war der 3.10. 2016, da sich Paulina jedoch an diesem Tag nicht auf den Weg machen wollte, hieß es für mich: warten und nicht allzu sehr zu denken. Sollte Madame sich mehr als eine Woche länger Zeit lassen, dann würde es wohl eine Einleitung geben. Ab dem errechneten Datum musste ich alle 2-3 Tage ins Krankenhaus und zuerst wurde für eine halbe Stunde ein CTG geschrieben, danach wurde ich untersucht. Muttermund fingerdurchlässig (das war schon seit über einer Woche so) und sonst war auch alles bestens. Jedes Mal schicken uns die Ärzte wieder nach hause und meinten, dass wir uns noch Zeit geben sollen, die Maus macht sich dann schon auf den Weg, wenn sie bereit ist. Ich war gespannt und wollte sie endlich kennenlernen. Mir kamen diese Tage des Wartens so lange vor, viel länger, als all die 40 Wochen der Schwangerschaft. Aber mir blieb nichts anderes übrig, als Ruhe zu bewahren und meinem Mädchen die Zeit zu geben. Ich ging spazieren, sprach viel mit meinem Baby, aß Kuchen und machte noch einmal viele Dinge, die für mich gut waren. Einen leichten Druck nach unten habe ich in dieser Zeit sehr oft gespürt und leichte Wehen auch, aber es wurde nicht intensiver. Immer wieder bestätigte sich dies beim CTG, es waren nur leichte Kontraktiönchen zu sehen. Also wieder nach hause, spazieren gehen, Treppe rauf und Treppe runter, etwas Gutes essen. Meine Schwester meinte, dass jedes Mal, wenn sie kurz vor der Geburt stand, sie noch einmal richtig ausgiebig und lecker Essen war, dann ging es mit den Wehen los und ihre drei Kinder waren bald da 😉 Bei mir war dem leider nicht so, ich spürte weiterhin nichts. Doch genau ab dem Zeitpunkt, als ich aufhörte zu viel zu denken, mich entspannte und mir vertraute, genau dann ging es los. In der Nacht von 8.10. auf 9.10. hatte ich starke Wehen. Erst war es für mich nicht einzuordnen, da ich ja keinerlei Vergleich oder Vorstellung hatte. Aber bald war mir klar, dass es Wehen sind. Regelmäßige Abstände, jedoch noch erträglich und ich konnte sie immer wegatmen. Dank eines Buches über Hypnobirthing fand ich immer wieder schnell in meine Mitte zurück, begann diverse Übungen und lies es einfach zu – ich vertraute mir. Die ganze Nacht über wanderte ich im Wohnzimmer auf und ab, mal schlief ich kurz im Sitzen auf dem Sofa ein, dann wieder kniete ich auf dem Boden und atmete tief. Das waren also Wehen? Es fühlte sich an, als hätte man starke Bauchschmerzen, nicht angenehm, aber durchaus erträglich, wenn man bewusst atmet. Sich wahrnehmen, seinen Bedürfnissen folgen und sich Raum geben.

Ich sah die Sonne aufgehen und mit dem Anbruch des Tages waren auch die Wehen wieder verschwunden. Etwas verwirrt musste ich nun erst einmal etwas essen und mein Freund, ebenfalls etwas irritiert, dass ich nicht im Bett lag, trottete zu mir in die Küche und fragte, was denn los war. Ich berichtete ihm und erschrocken meinte er, dass ich doch bescheid geben, ihn wecken hätte sollen. Wenn es doch aber wieder vorbei war? Wenn es in der Nacht nicht schlimmer wurde? Die Fruchtblase ist auch nicht geplatzt und dieses typische Filmszenario gab es ja auch nicht. Wir frühstückten eine Kleinigkeit und dann duschte ich erst einmal, vielleicht würde erneut etwas durch das warme Wasser angeregt – dem war natürlich nicht so. Die letzten Stunden kaum geschlafen, dennoch irgendwie topfit, trieb es mich nach draußen. Wir gingen an diesem wunderschönen sonnigen Oktobertag zum Bäcker, damit ich meinen geliebten Sonntagskuchen aussuchen konnte, danach checkte ich, wie sooft meine Kliniktasche und telefonierte mit meiner Mutter. Auch ihr erzählte ich von meiner nächtlichen Aktion und sie meinte, dass ich doch ins Krankenhaus fahren soll. Warum heute? Morgen war doch der reguläre nächste Termin. Ist doch nichts mehr und ich spüre keinerlei Wehe mehr. „Einfach gucken lassen“ – na gut, dann auf mit der Tasche ins Auto und ab auf Station. Wir machten uns gegen 17 Uhr auf den Weg, wurden von der Hebamme im Kreissaal begrüßt und gleich an ein CTG angeschlossen. Um ca. 17.45 Uhr dann erneut eine Untersuchung und die Worte, welche ich bis heute nicht vergessen habe:

„Sie sind ja unglaublich, herzlichen Glückwunsch, einmal rüber in den Kreissaal bitte, ihr Muttermund ist bereits 8cm geöffnet. Perfekte Vorarbeit haben sie geleistet.“ Mein Herz hüpfte vor Aufregung, das hatte ich nicht erwartet, ich durfte bleiben und würde bald mein Baby in den Armen halten.

Nun wurde es ernst. Im Kopf ging ich erneut sämtliche Dinge durch, die wir im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatten, Sachen, die ich in einem Hypnobirthing Buch gelesen hatte wurden ebenso wieder hervorgeholt. Ich wanderte durch den Kreissaal, setzte mich auf den Ball, den Geburtshocker und „hängte mich in die Tücher“. Völlig reizüberflutet entschloss ich mich, die Wehen zuerst im Bett liegend und teilweise Kniend mit den Händen am Kopfende abgestützt zu veratmen. Diese Phase des Wehen veratmens, des Ausruhens, Wehe veratmen und ausruhen ging bestimmt 3 Stunden. Ich verlor völlig das Zeitgefühl und merkte, dass ich teilweise zu sehr mit dem Kopf versuchte, diese Geburt zu „steuern“. Dies hemmte und ich war erschöpft und müde. Nach einer Untersuchung der Hebamme, entschied sie sich, mir die Fruchtblase mit einem kleinen „Pieksding“ zu öffnen. Das machen sie wohl immer, wenn die Fruchtblase nicht von alleine platzt. Da die Geburt stockte, ich keine starken natürlichen Wehen mehr bekam, war es die einzig richtige Entscheidung. Dies alleine reichte jedoch nicht aus und somit bekam ich zusätzlich noch einen Wehentropf angelegt. Dies müsste in der letzten Stunde der Geburt gewesen sein, ich war mit den Kräften etwas am Ende. Der Tropf wirkte, Gott sei dank ziemlich schnell und ich hatte bald wieder das Gefühl mit dem Pressen beginnen zu müssen. Nun waren sowohl die Ärztin als auch die Hebamme ständig bei mir und versicherten, dass es nicht mehr lange dauern würde. Ich nahm all meine letzte Kraft zusammen, blendete das Drumherum aus, voller Liebe und Vorfreude. Genau das war der Zeitpunkt, ab dem die Geburt für meinen Körper und mich, einfach selbstverständlich ablief und ich mir das nötige Vertrauen schenkte und meine weibliche Stärke einsetzte. Ich lies meinem Körper das tun, was er in diesen Minuten für Richtig empfand und somit dauerten die Presswehen nicht lange und um 01.02 Uhr war Paulina da! Sie wurde mir auf die Brust gelegt und wir konnten nur Staunen. „Da war sie nun endlich: unsere kleine Paulina!“ Die nächsten Minuten verbrachten wir noch im Kreissaal und wurden dann in ein kleines Zimmer gebracht, damit wir uns kennenlernen konnten. Endlich waren wir Drei.

Jede Anstrengung, jeder Schmerz und jede einzelne Wehe hatte sich definitiv gelohnt und von jetzt auf gleich war alles gut, es war einfach perfekt. Ich hatte mir keinerlei Vorstellung gemacht, von diesem gewaltigen Ausmaß der Geburt – so vollkommen, so unglaublich atemraubend, anstrengend und voller Liebe. Wir Frauen sind stark und in den Stunden der Geburt entwickeln wir Kräfte, die wir selbst nicht zu träumen gewagt haben. Ein Wunder der Natur, von Beginn an.

Danke Vroni aus Höhenkirchen